Entscheidungen sind wie die Menschen selbst, jede einzigartig und einmalig, keine wird ein zweites Mal gleich getroffen. Der Weg zu Entscheidungen ist so unterschiedlich wie es auch die Menschen sind. Manche trifft man spontan und unüberlegt, aus purer Begeisterung – wie meine Entscheidung als Referentin an der SummerAcademy mitzuwirken. Nicht dass ich es bereuen würde, ganz und gar nicht! Doch es erfüllt mich mit Ehrfurcht und wohl auch Furcht, mich zu fragen, was in meiner Erfahrung für andere wichtig und hilfreich sein könnte.

Mit anderen Entscheidungen geht man sprichwörtlich «schwanger», überlegt viel, wägt ab, fragt um Rat, googelt, nützt alle zur Verfügung stehenden Informationskanäle und weiss dann ganz genau, was am Tag X zu tun ist. Nur … das Kind ist dann erst geboren, es wird sich dann entwickeln und vielleicht eigene, unvorhersehbare Wege einschlagen. Eine Entscheidung hat immer Konsequenzen, manche vorhersehbar, andere vielleicht auch nicht.

Aktuell bin ich in der Situation, für die Leitung zweier Bildungshäuser verantwortlich zu sein. Um gut zu verstehen, wie ich diese Aufgabe am besten meistern könnte, habe ich letzthin das Team eines Hauses gefragt, wozu sie ein/en Geschäftsführer/in brauchen. Eine Teamleiterin reagierte belustigt, so eine Frage hätte sie noch nie gehört. Tatsächlich läuft der Alltag in manchen Betrieben vielleicht anders ab. Der Chef sagt, wo es langgeht und alle laufen brav hinterher. Doch meine Situation zwischen zwei Häusern hin und her zu fahren und nirgends wirklich «die Hände in den Teig» legen zu können, hat mir eine andere Perspektive eröffnet. Als Führungsperson kann ich so gut wie alles delegieren, ich brauche nur Mitarbeiter zu finden, die alle notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten haben, die anfallenden Aufgaben zu erledigen. Durch die Verknappung meiner Zeit muss ich mich nun auf das wesentliche, eigentliche meiner Führungsaufgabe konzentrieren: das Entscheiden.

Obwohl ich als Betriebswirtin in der Ausbildung einige Werkzeuge fürs Entscheiden erhalten habe und auch durch meine berufliche Tätigkeit viele Erfahrungen sammeln konnte, merke ich doch immer wieder, dass jede Entscheidung eben auch immer eine neue ist. Sie mag einer vergangenen ähnlich sein, doch in anderen Umständen. Ich glaube, dass man nicht lernen kann, richtige Entscheidungen zu treffen (zum Thema richtig oder falsch ein andermal). Wer nun meint, dann müsse er oder sie ja gar nicht an die SummerAcademy kommen: falsch! Die Kompetenzen für eine sinnvolle Entscheidungsfindung kann man lernen.

Um eine Entscheidung treffen zu können, brauche ich einerseits Wissen über den Sachverhalt und die möglichen Alternativen. Dazu gibt es Handwerkszeug, das mir helfen kann, auch keinen Aspekt in der Entscheidungsfindung zu vergessen. Methoden, die mir helfen, eine Entscheidung analytisch herzuleiten und zu begründen.

Andererseits muss ich das Ergebnis meiner Analyse qualitativ bewerten. Was sind meine Wertvorstellungen und ethischen Grundsätze? Worin finde ich den Sinn meines Lebens und daraus abgeleitet auch den Sinn jeder einzelnen Entscheidung, die ich im Laufe meines Lebens zu treffen habe. Das erfordert Reflexion und Austausch, Kennenlernen anderer Meinungen, in die Haut anderer schlüpfen, spüren, was sie spüren.

Ein Event wie die SummerAcademy ist eine einzigartige Gelegenheit an beiden Kompetenzen zu arbeiten. Ich höre von Methoden und erfahre wie andere damit umgehen. Ich kann meine Vorstellungen auf den Prüfstand stellen, andere hören, mir neue Horizonte eröffnen lassen, im Austausch mit anderen näher zu mir kommen.

Es gibt nur wenige Entscheidungen, die nur mich selbst betreffen, vielleicht auch gar keine. Das allein wäre es schon wert, darüber nachzudenken. Und ist es möglich, nicht zu entscheiden? Über diese Frage nachzudenken war für mich eine echte Offenbarung. Ich freue mich schon darauf, mich mit euch darüber auszutauschen.

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Gertraud Wachmanm – Studierte Handelswissenschaften in Wien. Nach einigen Jahren Berufserfahrung in Österreich zog sie in die Schweiz, wo sie im Management und Financial Accounting der UBS Schweiz AG als Projektleiterin für lokale und internationale Projekte tätig war. Während zehn Jahre leitete sie das Begegnungs- und Bildungszentrum Eckstein in Baar und ist seit September 2018 Geschäftsführerin des Am Spiegeln dialog.hotel.wien.